Die IHK hat die Bürgermeister-Kandidaten zu Wirtschaftsthemen befragt – Dies sind die Positionen von Hans-Joachim Woitzik

Die Industrie- und Handelskammer, IHK Mittlerer Niederrhein, hat allen Bürgermeisterkandidaten in der Region 10 Fragen zur verschiedenen Themen gestellt, die insbesondere für die Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze eine große Rolle spielen.

Die Antworten unseres Kandidaten, Hans-Joachim Woitzik, stellen wir gerne auch hier in voller Länge zur Verfügung.

Sprungmarken zu den verschiedenen Themenbereichen/Fragen

  1. Drei wirtschaftspolitische „Sofort“-Maßnahmen
  2. Unterstützung von Unternehmen in Corona-Zeiten
  3. Informations- & Kommunikationsstruktur
  4. Umweltschutz & Nachhaltigkeit
  5. „Wirtschaftsfreundlichkeit“ der Verwaltung
  6. Einzelhandel als Standortfaktor: Attraktivitätssteigerung
  7. Kommunale Verkehrsinfrastruktur
  8. Erreichbarkeit des Standortes: Mobilitätskonzept
  9. Gewerbeflächen in Dormagen
  10. Steuerhebesätze

Die Antworten an die IHK im Detail

Für die Antworten galt eine Zeichenbegrenzung, bei der ersten Frage waren beispielsweise nur 600 Zeichen erlaubt.

Drei wirtschaftspolitische „Sofort“-Maßnahmen

1. Welche drei wirtschaftspolitischen Maßnahmen möchten Sie in der kommenden Legislaturperiode auf jeden Fall umsetzen?

Dormagen muss bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. Dazu zählen eine gute Infrastruktur, niedrigere Gewerbesteuern sowie die Bereitstellung von Flächen. Dormagen hat hier viel Potenzial, etwa ungenutzte Industriebrachen.

Unser Handwerk findet kaum noch Azubis, weil eine entsprechende Ausbildung kaum Anerkennung findet. Daher will ich Betriebe und Schulen enger zusammenbringen.

Unterstützung von Unternehmen in Corona-Zeiten

2. Das Corona-Virus hat auch die lokale Wirtschaft vor schwerwiegende Herausforderungen gestellt und wird die neugewählten Vertreter besonders zu Beginn der nächsten Wahlperiode noch beschäftigen. Wie kann die Stadt Dormagen Ihrer Meinung nach die Unternehmen bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen unterstützen?

Deutschland ist Spitzenreiter bei Steuern und Abgaben. Dormagen kann auch als Kommune für eine finanzielle Entlastung bei Unternehmen und Bürgern sorgen, um Kaufkraft zu generieren. Über den Lokalversorger EVD kann die Stadt erheblichen Einfluss auf die Energiekosten nehmen, wozu auch Wasser zählt, und das Ganze geht weiter über die städtischen Abgaben wie Müllgebühren, Grundsteuer und Kanalgebühren. Die Vergabe von Aufträgen an lokale Unternehmen muss zur strategischen Maxime werden. „buy local“ vom LKW bis zum Bleistift!

Informations- & Kommunikationsstruktur

3. Die Unternehmen am Mittleren Niederrhein kritisieren die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Was planen Sie, die Situation zu verbessern?

Die digitale Verwaltung Dormagens funktioniert nicht. Die Stadt muss endlich kompetenter werden, was den Dienstleistungsgedanken und die Hebung digitaler Effizienzsteigerungen angeht. Dazu gehören aus meiner Sicht eindeutig die Einführung verbindlicher Service Level Agreements (SLAs), also maximale Antwortzeiten der Stadt auf Anfragen. Zudem braucht die Stadt infrastrukturell dringend ein Konzept für High-Speed Netze in allen Gewerbegebieten. Das notwendige Know-how muss eingekauft werden, denn unsere Verwaltung schafft es offensichtlich nicht, uns auf die Industrie 4.0 vorzubereiten. Daher gilt es, kompetente Partner aus der Privatwirtschaft zu identifizieren, die den Ausbau der digitalen Infrastruktur kurzfristig planen und umsetzen können.

Umweltschutz & Nachhaltigkeit

4. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind der Gesellschaft in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Auch Unternehmen werden durch diese Entwicklungen vor immer größere Herausforderungen gestellt. Wie kann die Kommunalpolitik die lokale Wirtschaft dabei unterstützen?

Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind wichtige Themen, Arbeitsplätze jedoch auch. Als Politiker an einem großen Chemiestandort ist mir die Problematik ganz besonders bewusst. Die Verlagerung von Produktionsstätten an andere Orte löst keine Umweltprobleme, vielmehr gehen die lokale Wertschöpfung und wichtige Arbeitsplätze verloren. Deutschland ist führend in der Umwelttechnologie. Wir können nur Prozesse kontrollieren, die hier vor Ort stattfinden. Eine gute, kontrollierte Umweltpolitik geht nur mit der Industrie, nicht gegen diese. Anderenfalls geht uns in Deutschland viel Innovationspotenzial in diesem immer wichtiger werdenden Bereich verloren. Insofern sollte unser Interesse darin bestehen, gemeinsam an diesem Thema zu arbeiten, um die Vorreiterrolle zu behaupten.

„Wirtschaftsfreundlichkeit“ der Verwaltung

5. Die Umfragen der IHK zeigen regelmäßig, wie wichtig die Qualität der kommunalen Leistungen für die Unternehmen ist. Was planen Sie, um die Verwaltung wirtschaftsfreundlicher zu gestalten?

Ich will dafür sorgen, dass sich die Wirtschaftsförderung viel intensiver um die Unternehmen vor Ort kümmert. Dazu zählt unter anderem, dass die Wirtschaftsförderung zur ersten und zentralen Anlaufstelle für Probleme der Unternehmen wird. So schaffen wir uns einen Gesamtüberblick und von dort aus muss direkt in die Verwaltung eingewirkt werden. Es darf nicht sein, dass Hilfesuchende in der Struktur der Verwaltung stecken bleiben, weil sich bequem auf Zuständigkeiten berufen wird. So ein Verhalten schadet allen: den Unternehmen, der Stadt und den anhängigen Arbeitsplätzen. Die Wirtschaftsförderung muss mehr zum Dienstleister werden und weniger als Marketing-Abteilung der Stadt Hochglanzflyer und kleine Spaß-Events organisieren. Die Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und generieren Wohlstand, darum muss sich primär gekümmert werden! Das Zentrum hat im Juni 2020 in Dormagen den Ratsantrag gestellt, die Wirtschaftsförderung durch mehr Berichte stärker in den politischen Fokus zu rücken, um der besonderen Bedeutung besser Rechnung zu tragen und eine transparentere Situation herzustellen. Bisher gab es nur einmal im Jahr einen Bericht an den Stadtrat.

Einzelhandel als Standortfaktor: Attraktivitätssteigerung

6. Der Einzelhandel ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Er spielt darüber hinaus auch als weicher Standortfaktor eine große Rolle. Welche Maßnahmen planen Sie, um eine Attraktivitätssteigerung der Einkaufsmöglichkeiten zu erreichen?

Der Einzelhandel muss sich der Online-Konkurrenz stellen, aber wie soll das ohne Breitbandausbau in Dormagen funktionieren? Die Kommune kann hierbei hervorragend unterstützen, indem sie über die Wirtschaftsförderung Schulungs- und Unterstützungs-Plattformen anbietet. Hierbei gilt es, gemeinsam mit den lokalen Unternehmen Synergien zu nutzen, um auch kleine Läden vor Ort in der Digitalisierung fit zu machen und ihnen so den Onlinevertrieb oder zumindest eine gute Onlinepräsenz zu ermöglichen. Wir müssen Standortfaktoren erkennen und diese nutzen: Gerade Dienstleistungen können durch eine gebündelte Plattform besser beworben werden, damit die Menschen vor Ort auch auf die lokalen Anbieter zurückgreifen. Wenn wir es schaffen, dass sich lokale Unternehmen gegen die Online-Konkurrenz behaupten, steigert sich auch wieder die Qualität unserer Innenstadt statt weiter auszubluten. Als Bürgermeister würde ich Wirtschaftsthemen, zu denen eine gute Wirtschaftsförderung und die Entwicklung der Innenstadt zählen, zur Chefsache erklären. Ich bin seit 30 Jahren Unternehmer und daher sehe ich in Dormagen selbst viel Handlungsbedarf.

Kommunale Verkehrsinfrastruktur

7. Durch welche konkreten Maßnahmen möchten Sie die kommunale Verkehrsinfrastruktur verbessern?

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) muss besser vernetzt werden, dies gilt nicht nur für unsere Kommune losgelöst, sondern auch auf Kreisebene, da dies besonders wichtig für viele Berufspendler ist. Der ÖPNV außerhalb von Großstädten wird überwiegend vom Schülerverkehr (bis zu 80 %) bestimmt. Kleinbusse mit mehr Frequenz würden außerhalb der Stoßzeiten nicht nur die Attraktivität steigern, sondern auch die Betriebskosten senken.

In Dormagen besteht zudem viel Optimierungs-Potenzial bei hoch frequentierten Orten wie dem Strabi-See, dem Tannenbusch oder der Zollfeste Zons. Aktuell fährt dort fast jeder mit dem Auto hin, was zu erhöhtem Verkehr, Staus und vollen Parkplätzen führt. Hier könnte ein cleverer ÖPNV mit Shuttlebussen von gut erreichbaren Sammelparkplätzen zu vielen Verbesserungen führen. Publikumsmagneten wie Zons würden vom Verkehr entlastet, die Luftqualität im Ort wäre besser, lokale Naturflächen in den Ortschaften müssten nicht für Parkplatzerweiterungen geopfert werden.

Erreichbarkeit des Standortes: Mobilitätskonzept

8. Wo legen Sie Schwerpunkte bei der Sicherung der Erreichbarkeit der Wirtschaftsstandorte? Sehen Sie die Notwendigkeit für ein Mobilitätskonzept?

Eine gute Mobilität ist definitiv ein Kernfaktor für die Konkurrenzfähigkeit. Hier schließt sich der Kreis zu dem, was ich zur kommunalen Infrastruktur bereits erwähnt habe: Wir benötigen einen guten ÖPNV innerhalb der Kommune, aber ebenso darüber hinaus auf der Kreisebene. Mit dem Umbau des Bahnhof Dormagen zeigen sich aktuell große Schwächen: ein wichtiger Regionalzug, den gerade Berufspendler nutzen, wird die Stadt lange Zeit nicht anfahren. So etwas darf nicht sein, hier zeigen sich die aktuellen Schwächen, die behoben werden müssen. Neben dem ÖPNV in Form von Bussen und dem Schienenverkehr, gilt es ebenso, sich den Autoverkehr näher anzuschauen. Die Infrastruktur muss beispielsweise mit Neubaugebieten und Firmenansiedlungen mitwachsen bzw. unnötiger Verkehr durch geschickte Maßnahmen, dazu zählt auch der ÖPNV, vermieden werden.

Gewerbeflächen in Dormagen

9. Viele Unternehmen, die sich am Niederrhein ansiedeln oder vergrößern möchten, beklagen sich über einen Mangel an Gewerbeflächen. Die regionale Wirtschaft fordert daher eine verstärkte Ausweisung von Gewerbegebieten. Welche Vorschläge zur Ausweisung von Gewerbeflächen haben Sie für Dormagen?

In Dormagen gibt es 50 Hektar Industriebrache, die man nicht entwickelt, weil man auf die Autobahnanschlussstelle Delrath hofft – und das seit 30 Jahren. Weitere Flächen können bisher in Dormagen nicht aktiviert werden, da die Verwaltung immer noch keine Einigung mit den Eigentümern erreicht hat. In Dormagen müssen eigentlich keine weiteren Flächen ausgewiesen werden, im Rathaus muss man lediglich seine Hausaufgaben ordentlich mache. Das wird sich mit mir als Bürgermeister und meiner 30-jährigen Erfahrung in der freien Wirtschaft ändern.

Steuerhebesätze

10. Das Niveau der Steuerhebesätze am Mittleren Niederrhein ist vergleichsweise hoch. Das schwächt die Standortqualität der Region. Sehen Sie Potenzial für Senkungen der Realsteuersätze in Dormagen in den kommenden fünf Jahren?

Das Zentrum hat sich in den letzten Jahren immer wieder für die Senkung der Gewerbesteuersätze in Dormagen stark gemacht. Damit wollen wir auf die umliegenden Kommunen zu reagieren, unsere lokalen Unternehmen konkurrenzfähiger machen und zugleich attraktiver für neue Firmenansiedelungen werden. Gerade bei der intensiven Diskussion um das Erfolgsmodell von Monheim, sind wir an der Blockade seitens des SPD-Bürgermeisters gescheitert. Dieser hat vielmehr mit seiner Zonser Erklärung versucht, umliegende Kommunen zum Hochhalten der Steuersätze zu bewegen und dieses Steuerungsinstrument als „Steuerdumping“ diffamiert. Um faire Bedingungen zu schaffen, sowohl für die Kommunen als auch für alle Unternehmen, ist es uns zugleich wichtig, dass Unternehmensgewinne dort versteuert werden, wo sie tatsächlich erwirtschaftet wurden. Mit einer solchen Maßnahme würden wir auch zahlreichen Steuertricks entgegenwirken, ein Instrumentarium, welches kleine und mittelständische Unternehmen kaum nutzen können und somit hierdurch förmlich einen Wettbewerbsnachteil durch „Ehrlichkeit“ haben.

Mit herzlichen Grüßen

Hans-Joachim Woitzik
Fraktionsvorsitzender und Bürgermeister-Kandidat des Zentrums

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