4000t arsenbelasteter Giftschlamm Zinkhütte Nievenheim Silbersee Dormagen

4000 Tonnen arsenhaltiger Schlamm von der Nievenheimer Zinkhütte

Das Thema Erschließung des „Silbersees“ in Delrath beschäftigt die Politik nun seit geraumer Zeit. Der Zustand des eingezäunten Areals ist eng verbunden mit der ehemaligen „Zinkhütte Nievenheim“. Bei einer Recherche haben wir etwas Interessantes gefunden.

Umweltskandal von 1971

Bereits in den 70er Jahren beschäftigten die Hinterlassenschaften der Zinkhütte Nievenheim Politik, Gesellschaft und Presse. So kam es u.a. bei der Entsorgung von 4000t giftigem Schlamm zu Ungereimtheiten: 200 Tonnen verschwanden.

Bundesweite Enthüllungsberichte

1971 sorgte der Skandal bundesweit für Presse-Echo. Einige Beispiele: „Der Profit mit dem Gift“ (Die Zeit, 06.08.1971), „Erdball eingeschlossen“ (Spiegel, 08.08.1971), in „Schlamm Schlampereien“ wird das Ganze konkret als „Giftaffäre“ bezeichnet (Die Zeit, 13.08.1971).

Im Artikel vom 06.08.1971 berichtete „Die Zeit“ u.a. folgendes:

Die Osnabrücker „Entsorgungsgesellschaft“, die gegen bares Geld Umweltschutz betreibt, hatte sich verpflichtet, 4000 Tonnen arsenhaltigen Schlamm von der Nievenheimer Zinkhütte in einen stillgelegten Bergwerksstollen des niedersächsischen Kreises Peine zu kippen. Doch statt im Stollen, landete das Gift auf Halden.

Auf Hochtouren laufen inzwischen nur der Rücktransport des Arsenschlamms auf das Gelände der Nievenheimer Zinkhütte bei Dormagen und die Suche nach den noch nicht aufgespürten 200 Tonnen Giftschlamm.

1971 sogar ein Thema im NRW-Landtag

Sogar der Nordrhein-westfälische Landtag befasste sich 1971 mit der Altlastenproblematik. Das geht aus dem Plenarprotokoll 7/27 vom 22.09.1971 hervor.

Aber was ist bis heute passiert?

Wie geht Dormagen heute mit dem Thema um?

Im Rathaus weigert man sich weiterhin, das Heft in die Hand zu nehmen. Bereits im September 2022 hatten wir vorgeschlagen, einen interfraktionellen Arbeitskreis zu gründen, damit politische Spielchen bei der Klärung des brisanten Themas endlich ein Ende haben. Unser Antrag wurde in der Stadtrat-Sitzung am 13. Dezember 2022 abgelehnt. Ob aus politischem Kalkül heraus oder nicht, in jedem Fall ist diese Entscheidung aus unserer Sicht eine vertane Chance.

Bürgermeister Lierenfeld duckt sich weg

Stattdessen glänzt der Bürgermeister in der NGZ vom 02.01.2023 mit Aussagen wie:

Ich wage keine Prognose. Es muss im nächsten Jahr etwas passieren, jemand muss sich bewegen.

Landrat Petrauschke verteilt schwarze Peter

Auch der Landrat Hans-Jürgen Petrauschke trägt nicht wirklich aktiv dazu bei, das Thema Zinkhütte, Altlasten und realistische Erschließungsmöglichkeiten des Silbersees transparent und einvernehmlich zwischen dem Kreis Neuss und der Stadt Dormagen zu klären.

In der NGZ vom 28.12.2022 scheint es ihm vielmehr darum zu gehen, anderen den schwarzen Peter zuzuschieben, wenn er sagt:

Zunehmend wird leider auch populistisch entschieden, ein Beispiel ist der Autobahnanschluss Delrath.

„Jemand muss sich bewegen“ – Wer, wenn nicht die Politik?

Es ist bezeichnend, dass der Dormagener Bürgermeister mit „Es muss im nächsten Jahr etwas passieren, jemand muss sich bewegen“ eine passive Formulierung nutzt und nicht sagt, dass die Stadt sich nun intensiv für eine nachhaltige Lösung einsetzen wird, im Sinne des Gesundheitsschutzes und der Steuerzahler (Stichwort Sanierungskosten).

Wir hoffen daher sehr, dass dieser „jemand“ gefunden wird. Dies ist aber leider in den letzten 50 Jahren nicht geschehen. Regierungen kamen und gingen – das verseuchte Material bliebt. Dass  man bei einer Arsenbelastung keine leichtfertigen Entscheidungen treffen sollte und dass es erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben kann, müssen wir hier sicherlich nicht weiter ausführen.

Wehe Ihnen, wenn Sie den Müll Zuhause nicht richtig trennen! Aber die öffentliche Hand nimmt es da nicht so genau. Lieber fordert man Autobahn-Anschlusstellen für Giftmülldeponien.

Die Zeit verstreicht weiter

Dass die Sachlage immer noch nicht vernünftig aufgeklärt wird, hat Folgen. Zum einen bleiben neue Gewerbesteuereinnahmen aus, wenn selbst unproblematische Gebiete nicht gewerblich erschlossen werden. Mit solchen Einnahmen wäre ein Weiterbetrieb der Römertherme sicher ohne weiteres möglich. Dormagen braucht dringend neue Einnahmequellen bei der aktuellen Ausgabensituation.

Viel wichtiger ist aber die Klärung von gesundheitlichen Risiken: Wir fragen uns, was ist den Herren, die weiterhin lieber vage in ihren Aussagen bleiben, unsere Gesundheit eigentlich Wert?

 

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Über diese Reihe

In „Die Zahl der Woche“ teilen und diskutieren wir regelmäßig Daten, die unsere Stadt und Sie konkret als Dormagener BürgerInnen betreffen.

Bild zur Zahl der Woche-Reihe