PM: Das Zentrum hilft Bürgermeister Lierenfeld bei der Suche nach den 80 Mio. Euro Gewerbesteuer-Mehreinnahmen

Das Zentrum hatte jüngst die Wirtschaftsbilanz des Bürgermeisters kritisiert, der sich für eine Haushaltskonsolidierung lobt, die aber de facto nicht stattgefunden hat. Vielmehr standen Dormagen dank einer boomenden Wirtschaft so hohe Steuereinnahmen wie nie zuvor zur Verfügung, davon ist allerdings nahezu nichts übrig geblieben.

In einem Zeitungsinterview gibt sich Bürgermeister Lierenfeld überrascht, woher das Zentrum die Zahl von 80 Mio. Euro Gewerbesteuer-Mehreinnahmen hernehme. Wir lösen das vermeintliche Rätsel an dieser Stelle mit den Daten der Stadt auf und informieren über weitere Finanzprobleme Dormagens, die der Bürgermeister gerne bei seinen Statements ausspart.

Die Mitteilung vom 13. Juli 2020

Pressemitteilung: Das Zentrum hilft Bürgermeister Lierenfeld bei der Suche nach den 80 Millionen Euro Gewerbesteuer-Mehreinnahmen

Die Zentrumsfraktion hatte Anfang Juni kritisiert, dass Bürgermeister Lierenfeld stolz ein positives Jahresergebnis präsentiert und sich selbst für eine konsequente und strategische Haushaltskonsolidierung gelobt hat. Dieser Darstellung widerspricht die Zentrumsfraktion, denn in den letzten 6 Jahren gab es allein bei der Gewerbesteuer Mehreinnahmen in Höhe von über 80 Millionen Euro gegenüber der Situation vor dem Amtsantritt von Erik Lierenfeld.

„Diese gewaltigen Mehreinnahmen haben wir nicht einer vermeintlich guten Arbeit des Bürgermeisters, sondern einer unerwartet stark boomenden Wirtschaft zu verdanken“, so Hans-Joachim Woitzik, Fraktionsvorsitzender des Zentrums.

Erik Lierenfeld äußerte sich jüngst über unsere Kritik in einem Zeitungsartikel: „Woher das Zentrum diese Zahlen nimmt, bleibt ein Rätsel. Diese sind völlig falsch“. Weiterhin führte er aus, dass die öffentlich zur Verfügung stehenden Daten zeigten, dass die Stadt Dormagen in den letzten 6 Jahren rund 35 Millionen Euro Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer gehabt habe.

An dieser Stelle nutzen wir ebendiese öffentlichen Daten und rechnen die Einzelwerte zusammen, um dem Bürgermeister zu helfen. Der letzte Stand der Gewerbesteuereinnahmen vor dem Amtsantritt von Erik Lierenfeld betrug 19,5 Millionen Euro (Ausgangswert = Jahresabschluss vom 31.12.2013).

In den Folgejahren entwickelten sich die Gewerbesteuereinnahmen in Dormagen wie folgt (Datengrundlage: Jahresabschlüsse der Stadt):

  • 2014 sanken die Einnahmen auf 18,9 Mio. Euro (-0,6 Mio. Euro ggü. 2013)
  • 2015 stiegen die Einnahmen auf 27,4 Mio. Euro (+8 Mio. Euro ggü. 2013)
  • 2016 stiegen die Einnahmen weiter auf 33,8 Mio. Euro (+14,4 Mio. Euro ggü. 2013)
  • 2017 stiegen die Einnahmen erneut auf 34,4 Mio. Euro (+15 Mio. Euro ggü. 2013)
  • 2018 stiegen die Einnahmen auf 37,6 Mio. Euro (+18,2 Mio. Euro ggü. 2013)
  • 2019 erreichten die Einnahmen stattliche 47,1 Mio. Euro (+27,7 Mio. Euro ggü. 2013)
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Nun mag sich manch einer fragen: Wieso werden alle Jahreswerte immer mit dem Endwert von 2013 verglichen? Zum einen ist dies der effektive Startwert seines Amtsantritts. Zum anderen wird so das Wirtschaften in seiner Amtszeit richtig betrachtet: wurden die Mehreinnahmen bspw. zum Schuldenabbau und somit zur Haushaltskonsolidierung eingesetzt oder wurden das Geld im Folgejahr direkt verpulvert? Hier zeigt sich, wie die Stadt die laufenden Ausgaben immer weiter erhöht hat. Dass der Bürgermeister eine Betrachtung von Jahr zu Jahr bevorzugt, ist aus seiner Sicht nachvollziehbar, denn so werden die Mehrausgaben mit den Mehreinnahmen verrechnet. In der Konsequenz werden die immens angestiegenen Ausgaben auch weniger sichtbar.

Ausgehend vom Jahresabschluss vor seinem Amtsantritt, ergeben sich in seiner Amtszeit also Mehreinnahmen in Höhe von 82,2 Mio. Euro, und das allein im Bereich der Gewerbesteuer! Über derartig sprudelnde Mehreinnahmen hätte sich jeder seiner Vorgänger mehr als gefreut.

Es gehört zur politischen Verantwortung mit dazu, dass mit Mehreinnahmen besonnen umgegangen wird. Zur Erinnerung: Die Stadt Dormagen befand sich bis 2015 noch in der Haushaltssicherung. Stattdessen wurden die Ausgaben immer heftiger ausgeweitet und diese Überschüsse von Jahr zu Jahr nahezu vollständig aufgebraucht. Wenn man die sprudelnden Mehreinnahmen sofort wieder mit beiden Händen ausgibt, ist es nur allzu verständlich, dass sich der Bürgermeister medienwirksam wundert, woher denn die Zahl der 80 Mio. Euro komme.

Im selben Zeitungsartikel hebt der Bürgermeister seine positiven Jahresabschlüsse der letzten vier Jahre hervor und nennt die Zahl von rund 20 Millionen Euro. Bewusst lässt er also die ersten beiden Jahresabschlüsse seiner Amtszeit weg, denn diese startete nicht erst im Jahr 2016. Insofern reduziert sich die tatsächliche Summe der Jahresüberschüsse für die Jahre 2014 bis 2019 drastisch auf 7,47 Mio. Euro (-8,36 / -4,17 / 8,11 / 3,37 / 1,42 / 7,1). Wenn man diesen Überschuss nach 6 Jahren SPD-Bürgermeister allein den Mehreinnahmen von über 80 Mio. Gewerbesteuer im selben Zeitraum gegenüberstellt, wird deutlich, wie sehr die Ausgaben explodiert sind und wie schlecht seine Bilanz in Wahrheit ist.

Es bleibt daher bei der Feststellung der Zentrumsfraktion von Juni: „Es ist schon eine Kunst, dass von diesen immensen Mehreinnahmen fast nichts übriggeblieben ist“, sagt Hans-Joachim Woitzik.

Doch damit nicht genug! Ein weiteres Finanzkapitel sind die immens gestiegenen Kassenkredite der Stadt (ähnlich einer privaten Girokonto-Überziehung). Der Verschuldungsrahmen betrug vor seinem Amtsantritt 48 Mio. Euro (31.12.2013). Dieser wurde jüngst auf 120 Mio. Euro angehoben. Erst auf die Kritik des Zentrums hin, dass Herr Lierenfeld diese Zahlen bei seiner Überschuss-Pressemitteilung ausgeschwiegen hat, nahm er hierzu im Zeitungsartikel Stellung.

Erik Lierenfeld gibt zum Thema Kassenkredite an, dass allein 50 Millionen Euro davon eingesetzt wurden, um Rückdeckungsversicherungen für zukünftige Pensionskosten zu finanzieren. Das ist richtig. Ebenso ist seine Aussage zutreffend, dass die Zentrumsfraktion dieser Maßnahme damals zugestimmt hatte. Aber wie so oft, geht er nicht auf alle wichtigen Details ein, wenn es ihm zum Vorteil gereicht!

Natürlich wollte das Zentrum die Versäumnisse der vorherigen Regierungen von CDU wie SPD in Dormagen abfangen. Die Pensionsansprüche der städtischen Beamten waren nämlich nicht vollständig abgesichert worden. Ende 2016 ging es darum, dieses große Problem kurzfristig zu lösen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass von Anfang an bei den Beschlüssen im Rat von Bürgermeister Lierenfeld und CDU-Kämmerin Gaspers immer wieder betont wurde, dass die Finanzierung dieser Maßnahme über Kassenkredite nur kurzfristiger Natur sei. 2016 wurde zugesagt, dass eine solide Gegenfinanzierung über langfristige Kredite vorgenommen werde. Unter dieser Prämisse stimmte die Zentrumsfraktion damals zu und wartet bis heute auf den versprochenen Umschuldungsplan. In der Ratssitzung am 25. Juni 2020 haben wir die (neue) Kämmerin erneut nach dem ausstehenden Finanzierungsplan gefragt. Diese erwiderte zu unserem Erstaunen, dass eine langfristige Finanzierung nun nicht mehr möglich sei.

Hans-Joachim Woitzik kritisiert das gefährliche Handlungsmuster von Bürgermeister und Kämmerin: „Die Kassenkredite werden zum wiederholten Mal für misslungene Finanztransaktionen missbraucht. Es kann nicht sein, dass die Stadt weitreichende Projekte wie die Regelung der Pensionsansprüche, die eine solide, langfristige Finanzierung brauchen, immer wieder über ihre Kontoüberziehung regelt. Das ist unseriös und gefährlich für unsere Finanzen“.

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